Wohin geht die Reise? Teilnehmer des Symposiums „IT im Auto der Zukunft“ diskutieren rechtliche Herausforderungen für das autonome Fahren

Vom Fahrer zum Passagier – diese Entwicklung zeichnet sich im Bereich der Automobilentwicklung immer stärker ab. Autonomes Fahren ist der absolute Trend in der Branche. Mit Hochdruck arbeitet eine Vielzahl von Unternehmen an der Serienreife des vernetzten, selbst-fahrenden Automobils. Dass die Praxis der rechtlichen Handhabe autonomer Fahrzeuge ein gutes Stück voraus ist, wurde während eines Symposiums zum Thema „IT im Auto der Zukunft – Vernetztes Fahren, Big Data und IT-Sicherheit“ deutlich. Während der vom Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) und der RWTÜV-Stiftung organisierten Veranstaltung verdeutlichten Wissenschaftler und Praktiker, dass bis zur Einführung autonomer Fahrzeuge im Straßenverkehr noch einige rechtliche Hindernisse überwunden werden müssen.
Bereits vor zwei Jahren hatte unter Federführung des ITM und der RWTÜV-Stiftung ein erstes Symposium zum Thema „IT im Auto der Zukunft“ stattgefunden. Prof. Dr. Karl Friedrich Jakob, Vorstandsvorsitzender der RWTÜV-Stiftung, zeigte sich erfreut, dass mit dem zweiten Teil an die dort diskutierten Themen angeknüpft werde. Das vor wenigen Monaten veröffentlichte Beispiel eines erfolgreichen Hackerangriffs auf ein vernetztes Kraftfahrzeug in den USA unterstreiche, dass die Veranstaltung am Puls der Zeit sei. Wäre es in dem dortigen Szenario zu einem Schadensfall gekommen, so würden die gleichen Rechtsfragen diskutiert wie sie auf dem Programm des Symposiums standen.

Diesen verbal zugespielten Ball nahmen Prof. Franziska Boehm und Markus Andrees im ersten Vortrag der Veranstaltung auf. Prof. Boehm ist Inhaberin einer von der RWTÜV-Stiftung finanzierten Junior-Professur am ITM. Markus Andrees forscht als von der RWTÜV-Stiftung geförderter Doktorand am ITM zu Pflichten von Unternehmen im Bereich der IT-Sicherheit. Zusammen stellten sie Lösungsansätze vor, die bestehende Hindernisse bei der Begründung von Schadensersatzansprüchen wegen einer Verletzung der IT-Sicherheit überwinden sollen. Mit Tim Hey lenkte anschließend ein weiterer Doktorand des ITM den Blick auf das Haftungsrecht. HeyEr erläuterte seine These, dass das Haftungsrisiko beim autonomen Fahren vom Halter auf den Hersteller übergehe.

Einen anderen Aspekt beleuchtete Prof. Thomas Hoeren, Direktor des ITM, in seinem Vortrag. Er brachte seine Verwunderung zum Ausdruck, dass die Thematik der Datenqualität in der gesamten wissenschaftlichen Diskussion um Big Data kaum Beachtung findet. Seiner Ansicht nach ist beispielsweise das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht nicht in der Lage, die Problematik mangelhafter Daten angemessen zu lösen.

Auch Stefan Pinelli von der Volkswagen AG verwies auf eine Vielzahl bislang ungeklärter rechtlicher Fragen, die sich in Bezug auf autonomes Fahren stellen würden. Vieles würde ihm zwar aus den vor vielen Jahren geführten Diskussionen unter den Stichworten „Telematik I“ bis „Telematik IV“ bekannt vorkommen. Eine praktikable Lösung beispielsweise zur Anwendung von Vorschriften des TKG auf das vernetzte Auto sei allerdings noch nicht entwickelt. Vielmehr bedürfe es generell für M2M-Anwendungen eines eigenen, noch zu schaffenden Rechtsrahmens.

Einen interessanten Einblick in die Praxis erhielten die zahlreichen Zuhörer von den Rechtsanwälten Dr. Marc Störing von der Kanzlei Osborne Clarke sowie Marco Müller-ter Jung von der Kanzlei BridgehouseLaw. Während Dr. Störing der Frage nachging, ob bestimmte Parteien einen Anspruch auf die im autonomen Fahrzeug anfallenden Daten geltend machen können, erklärte Müller-ter Jung, dass eine Reform des Versicherungswesens zur Lösung einiger rechtlicher Probleme beitragen könne.

Zum Abschluss der ganztägigen Veranstaltung im Münsteraner Erbdrostenhof stellte Dr. Barbara Kolany-Raiser vom ITM das interdisziplinäre Forschungsprojekt „Assessing Big Data (ABIDA)“ vor. Sie wies beispielhaft darauf hin, dass mit den zuvor ausführlich diskutierten rechtlichen Fragen ethische Herausforderungen eng verbunden sind. So bestehe das Dilemma, dass Programmierer für unausweichliche Unfallsituationen, in denen es auf jeden Fall Opfer gibt, Vorgaben machen müssen. Wonach sich diese Entscheidungen richten und wie man damit aus strafrechtlicher Sicht umgehe, sei bislang völlig offen.