Am 28. Mai 2019 hielt Herr Dr. Reiner Münker (Hauptgeschäftsführer der Wettbewerbszentrale und Leiter der Deutschen Landesgruppe LIDC) bei uns am ITM einen spannenden und gut besuchten Vortrag zu den aktuellen Entwicklungen im Wettbewerbsrecht.
Herr Dr. Münker studierte Rechtswissenschaften an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und absolvierte sein Referendariat in Frankfurt a. M. und Brüssel. Seine Promotion trug den Titel „Urheberrechtliche Zustimmungserfordernisse beim Digital Sampling“. Heute ist er geschäftsführendes Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale in Bad Homburg. Wir freuen uns außerdem, dass er ab dem Wintersemester 2019/2020 eine Vorlesung zu den Grundlagen des Werberechts an der WWU anbieten wird, die das Portfolio des Schwerpunktbereichs ITM erweitert.
Nach einer kurzen Einführung über die Entwicklung der Wettbewerbszentrale beschrieb Herr Dr. Münker die wesentlichen Aufgaben der Wettbewerbszentrale als vier Säulen. So diene sie insbesondere der Rechtsdurchsetzung, der Beratung ihrer Mitglieder im Bereich des UWG, der Bereitstellung von Informationen und sie sei schließlich sogar beratend im Bereich der Gesetzgebung tätig. Das Lauterkeitsrecht werde im heutigen Zeitalter stetig weiterentwickelt, weshalb die fachkundige Beratung durch Mitarbeiter der Wettbewerbszentrale in besonderem Maße gefragt sei.
Anschließend beschäftigte sich Herr Dr. Münker mit zahlreichen aktuellen Fällen. Zu Beginn stellte er das BGH-Urteil vom 19.04.2018 zu AdBlock Plus vor und erklärte an dieser Stelle anschaulich, weshalb der BGH – anders als das OLG Köln – dieses Geschäftsmodell nicht als wettbewerbswidrig ansieht. Danach liege gerade keine unzulässige Beeinflussung und ferner auch keine wettbewerbswidrige Behinderung vor. Vielmehr handele es sich bei AdBlock Plus um eine marktgängige Dienstleistung, die nicht auf die Entziehung von Werbeinnahmen abziele.
Daraufhin thematisierte Herr Dr. Münker das hochaktuelle Phänomen der Influencer. Während Produkte noch vor einigen Jahren im TV durch Prominente wie Thomas Gottschalk oder George Clooney beworben wurden, verlagere sich der Werbemarkt heute zunehmend auf soziale Plattformen wie Instagram oder YouTube. Hierdurch würden neue Zielgruppen erreicht und der Produktabsatz so effektiv gesteigert wie nie zuvor. Für einen Werbepost erhalte ein Influencer mit ca. 1 Mio. Followern bis zu 10.000 Dollar. Doch das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Auch hier finden UWG, TMG und RStV Anwendung, was vermehrt zu rechtlichen Auseinandersetzungen führt. Zahlreiche Gerichtsentscheidungen (u.a. OLG Celle v. 08.06.2017; KG Berlin v. 08.01.2019; LG Karlsruhe v. 21.03.2019 und zuletzt LG München I v. 29.04.2019) befassten sich in den vergangenen Monaten mit der sog. Kennzeichnungspflicht. Dabei steht häufig die Frage im Mittelpunkt, ob auch Posts, für die Influencer keine konkrete Gegenleistung erhalten, als Werbung zu kennzeichnen sind. Jeder Influencer betreibe mit regelmäßigen Postings auch Werbung für sich selbst, weshalb auch in einem unbezahlten Post durchaus eine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG zu sehen sei. Fraglich erscheine jedoch, ob sich nicht aus den Umständen der werbliche Charakter der Handlung ergeben könne, sodass eine Kennzeichnung nicht erforderlich sei. Dies bejahte zuletzt das LG München I im Fall von Cathy Hummels (Urteil v. 29.04.2019 – 4 HK O 14312/18). Herr Dr. Münker wies darauf hin, dass die Entwicklung in diesem Bereich des Lauterkeitsrechts in der kommenden Zeit abzuwarten bleibe. Eine neue Definition der geschäftlichen Handlung aber könne sich als durchaus problematisch erweisen und Auswirkungen für das gesamte UWG nach sich ziehen.
Im Folgenden berichtete Herr Dr. Münker von weiteren Fällen, in denen auch die Wettbewerbszentrale beteiligt war. So verstieß bspw. die undurchsichtige Berechnung eines Monatsdurchschnittspreises auf Check 24 und Verivox gegen die PAngV und damit auch gegen das UWG.
Prof. Hoeren (l.) & Dr. Münker (r.)Zuletzt ging Herr Dr. Münker auf einige Vorhaben auf europäischer Ebene ein. Die EU-Kommission hat bereits im April 2018 den „New Deal for Consumers“ beschlossen, der für mehr Transparenz im Netz sorgen soll. Hierzu gehört auch die sog. Omnibus-RL, die Änderungen an vier Richtlinien beabsichtigt, u.a. auch an der UGP-RL. Durch die Richtlinie sollen etwa individuelle Rechtsbehelfe für Verbraucher geschaffen werden. Im Rahmen der Umsetzung bleibt Deutschland jedoch ein gewisser Spielraum. Herr Dr. Münker warnte an dieser Stelle insbesondere vor der Schaffung von Bußgeldtatbeständen. Diese seien nicht nur mit Blick auf Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bedenklich, da das UWG mit zahlreichen unbestimmten Rechtsbegriffen arbeite. Es sei darüber hinaus auch zweifelhaft, ob die Schaffung von Bußgeldtatbeständen die Ahndung von Wettbewerbsverstößen nicht vielmehr erschwere. Er warb dann für die Arbeit der Liga für internationalen Wettbewerbsrecht (LIDC).
Abschließend wurden noch Fragen aus dem Publikum gestellt und auch für den abschließenden Sektempfang bot der Vortrag ausreichend Diskussionsstoff. Auf eine Rückfrage von Herrn Prof. Hoeren stellte Herr Dr. Münker fest, man dürfe nicht aus den Augen verlieren, dass das UWG nicht nur dem Verbraucherschutz, sondern auch dem Mitbewerberschutz diene. Gerade die Konkurrenten seien insofern Marktwächter des UWG.
Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals herzlich bei Herrn Dr. Münker für den spannenden und abwechslungsreichen Vortrag bedanken und freuen uns auf die kommende Zusammenarbeit.