Journalismus und Recht 2020 – Ein Erfahrungsbericht

„Wer Angst vor Arbeit hat, sollte kein Journalist werden!“ Diese Bemerkung der ZDF-Journalistin Britta Hilpert sollte sich für die Teilnehmenden der Zusatzausbildung „Journalismus und Recht“ am Ende einer intensiven Woche als äußerst treffend herausstellen.

Ein Bericht von Hendrik Risthaus

In der Woche vom 2. bis zum 6. März fand am ITM bereits zum zwanzigsten Mal die bundesweit einmalige Journalistenausbildung für Juristen statt. Neben spannenden Vorträgen renommierter Referentinnen und Referenten ermöglichte das Blockseminar in praktischen Übungen den 14 jungen Teilnehmenden aus ganz Deutschland, das journalistische Handwerkszeug zu erlernen.

Nach einer kurzen Einführung durch Prof. Dr. Thomas Hoeren waren die rhetorischen Fähigkeiten der Anwesenden gefordert. Unter Zeitdruck mussten sie 15-minütige Vorträge zu ausgewählten Themen vorbereiten und präsentieren. Die kritische Analyse durch Prof. Hoeren, der auch ausgebildeter Rhetoriktrainer ist, zeigte unter anderem auf, dass sich für die Strukturierung eines Vortrags auch heutzutage noch Ciceros Redeaufbau anbietet.

Anschließend gab Dierk Schlosshan, Rechtsanwalt und ehemaliger Referent in der Abteilung Internationale Angelegenheiten beim ZDF, einen Überblick über das Presserecht. Dabei wurden die Rechtsgrundlagen beleuchtet, die für Arbeitstätige in den Medien relevant sind. Zudem wurden aktuelle Fälle wie das Künast-Urteil, das Höcke-Urteil und das Ibiza-Video unter die Lupe genommen.

Prof. Dr. Joachim Jahn, Mitglied der Chefredaktion der NJW und ehemaliger Redakteur im Wirtschaftsressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, gab daraufhin einen spannenden Einblick in den Printjournalismus in Tageszeitungen und Fachzeitschriften. Dabei richtete Prof. Jahn das Augenmerk auf die richtige Ausdrucksweise. Er warnte die Anwesenden vor Formulierungen, die für Juristen üblich sind und dem Leser nicht selten den Lesefluss erschweren. Um das Gelernte zu vertiefen, konnte sich die Gruppe daran versuchen, eine misslungene Pressemitteilung zu überarbeiten.

Wie die Arbeit in der Marketingabteilung einer Großkanzlei aussieht, wurde den Teilnehmern am Dienstagmorgen von Jan Beßling, Leiter Marketing und Kommunikation bei Oppenhoff & Partner, nähergebracht. In praktischen Übungen vermittelte er der Gruppe, was man eigentlich alles benötigt, um sich als Anwalt selbständig zu machen. In einer Redaktionskonferenz erfuhren die Seminaristen, welche tagesaktuellen Themen sich anbieten, um durch gute Pressearbeit auf die eigene Kanzleitätigkeit aufmerksam zu machen. Auch konnten sich die Anwesenden im Verfassen einer Pressemitteilung für eine Großkanzlei üben.

Über die beruflichen Möglichkeiten eines Juristen in den Medien referierte Andreas Janning, ehemaliger WDR-Redakteur mit Schwerpunkt Recht und Justiz. Zunächst versorgte er jeden Teilnehmer mit einer konzentrationssteigernden Portion Traubenzucker und einem Poster der „Sendung mit der Maus“, die vermutlich bei dem ein oder anderen Wissbegierigen schon in jungen Jahren eine Faszination für den Journalismus ausgelöst hat. Mit frischer Aufmerksamkeit konnte die Gruppe dann den Beispielen für gelungene Justizberichterstattung im Fernsehen folgen. Weiter unterstrich Herr Janning die Wichtigkeit der Praxiserfahrung und ermutigte jeden Anwesenden, sich frühestmöglich neben dem Studium journalistisch zu betätigen.

„Sag es einfach, kompliziert kann jeder“, ermahnte Karin Istel, freie Journalistin und ehemalige Redakteurin, die Hörerschaft. Sie erläuterte, auf welche Stilregeln die jungen Juristinnen und Juristen achten müssten, wenn sie einen journalistischen Aufsatz verfassen. Dabei wies sie auf ein Problem der Juristen hin: „Sie wissen einfach zu viel!“ Der juristisch kundige Verfasser dürfe nicht zu viele Kenntnisse der Leser voraussetzen. Auch warnte sie vor stilistisch unschönen Formulierungen, woran sich lebhafte Diskussionen über „besondere Privilegien“ und die korrekte Verwendung von „anscheinend“ und „scheinbar“ anschlossen.

Nachdem Karin Völker, Redakteurin der Westfälischen Nachrichten in Münster, die Anwesenden in die Technik der Gerichtsreportage eingeführt hatte, ging es am Folgetag für die jungen Juristinnen und Juristen in die Münsteraner Gerichte. Der stellvertretende Gerichtssprecher des Landgerichts, Dr. Gregor Saremba, stellte zunächst das Berufsbild eines Gerichtssprechers vor. Sodann besuchten die Teilnehmer verschiedene Verhandlungen, um dazu eine Gerichtsreportage zu verfassen. Neben zwei Verfahren am Landgericht – einem millionenschweren Verfahren wegen Untreue und einem Verfahren wegen eines VW-Dieselmotors – wurde über Prozesse aus dem Amtsgericht berichtet: ein Insolvenzprozess; eine Strafsache, bei der ein junger Mann einen Schlagring mit sich geführt hatte und ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen erhöhter Geschwindigkeit. Im Anschluss daran besprach Karin Völker die teilweise sehr unterschiedlichen Reportagen ausführlich und kam zum Ergebnis, dass sich manchmal auch ein auf den ersten Blick unspektakuläres Verfahren für eine interessante Gerichtsreportage anbieten kann.

Anke Zimmer-Helfrich und Ruth Schrödl, (Chef-)Redakteurinnen im C.H.Beck-Verlag, stellten am Donnerstag das Berufsbild einer Lektorin und das einer Redakteurin vor. Anschließend lag es an den Teilnehmern, eine eigene juristische Fachzeitschrift zu konzipieren. Um eine zeitgemäße Zeitschrift zu entwickeln, ließen sich die jungen Juristinnen und Juristen bei dem Konzept der data, der ITI und der telos einige spannende Ideen einfallen.

Welche Schwierigkeiten die Staatsanwaltschaft bei der Pressearbeit zu meistern hat, brachte Dr. Ina Holznagel, ehemalige Oberstaatsanwältin und jetzt Referatsleiterin im Justizministerium NRW, der Gruppe näher. Nachdem sie die Rechtsgrundlagen dargelegt hatte, durften sich die Anwesenden an kniffligen Presseanfragen erproben. Die Frage, ob die Nationalität von Tatverdächtigen öffentlich genannt werden sollte, ließ die Seminaristen dann rege diskutieren.

Ein gemeinsames Abendessen im Mocca d’Or ermöglichte es der Gruppe, die Erlebnisse der vergangenen Tage in einer etwas veränderten Atmosphäre noch einmal zu besprechen.

Am Freitag zeigte Rudolf Porsch, stellvertretender Direktor der Axel-Springer-Akademie, mögliche Wege in den Journalismus auf. Dabei machte er den Teilnehmern klar, dass man nicht nur in der BILD-Redaktion sein ganzes Herzblut in den Job hineinstecken müsse. Des Geldes wegen sei ein Beruf im Journalismus jedenfalls nicht attraktiv: „Warum soll ein Beruf, der Spaß macht, auch noch gut bezahlt sein?“ Allerdings machte Herr Porsch den Teilnehmern den Beruf des Journalisten durch seine vielen Erlebnisse und die fesselnden Blicke hinter die Kulissen der BILD-Zeitung wieder schmackhaft.

Zum Abschluss der spannenden Woche gewährte Britta Hilpert, Leiterin des ZDF-Auslandsstudios Wien, den Teilnehmern einen interessanten Einblick in das Berufsleben einer Journalistin im Fernsehen. Anhand von Praxisbeispielen aus dem TV zeigte sich, wie das Recht dem Journalisten helfen, ihn aber auch in seiner Arbeit behindern kann. Ob auf AfD-Kundgebungen oder bei der Recherchearbeit für die Aufdeckung von Betrug mit EU-Subventionen in der Slowakei – das Recht war allgegenwärtig und für die Journalistin Fluch und Segen zugleich.

Mit der Verleihung der Zertifikate endete für die jungen Teilnehmenden schließlich eine arbeitsintensive, aber zugleich äußerst lehrreiche Woche. Die praxisnahen Einblicke in die Schnittstelle von Journalismus und Recht ließen die Angst vor der journalistischen Arbeit schwinden und die Teilnehmenden mit neuen Eindrücken und voller Tatendrang ermutigt nach Hause fahren.

Das ITM bedankt sich herzlich bei Dierk Schlosshan, Prof. Dr. Joachim Jahn, Jan Beßling, Andreas Janning, Karin Völker, Karin Istel, Dr. Gregor Saremba, Anke Zimmer-Helfrich, Ruth Schrödl, Dr. Ina Holznagel, Rudolf Porsch und Britta Hilpert.