Dr. Corin Gittinger gibt einen Überblick über das Thema der Grenzbeschlagnahme

 

Am 29. Mai 2018 durften wir am ITM Herrn Dr. Corin Gittinger begrüßen, der mit seinem Vortrag zum Thema „Die Grenzbeschlagnahme und die Rechtsstellung des Betroffenen“ einen spannenden Einblick in die Kernprobleme seiner Dissertation gab. Die Forschungsstelle für Gewerblichen Rechtsschutz am ITM hatte Herrn Dr. Gittinger eingeladen, die wesentlichen Ergebnisse seiner Arbeit vorzustellen, für die er mit dem jährlich verliehenen Förderpreis der Forschungsstelle ausgezeichnet worden ist.

 

Herr Dr. Gittinger, der selbst sein Jurastudium in Münster absolviert hat, promovierte zu dem Thema des Vortrags am Lehrstuhl von Herrn Prof. Dr. Hoeren. Während seines Referendariats am Kammergericht Berlin war er unter anderem in einer führenden deutschen Wirtschaftskanzlei und der Rechtsabteilung eines deutschen Automobilherstellers tätig. Inzwischen arbeitet er als Rechtsanwalt bei Freshfields Bruckhaus Deringer in Düsseldorf, sodass er seine Thesen mit wertvollen Erfahrungen aus der Praxis und aus dem Wirtschaftsleben untermauern konnte.

Zunächst ging Herr Dr. Gittinger näher auf die Grenzbeschlagnahme nach der Verordnung (EU) 608/2013 selbst ein und stellte die wesentlichen Charakteristika dieses für einige Zuhörer noch unbekannten Instituts dar. Dabei erläuterte er insbesondere auch die Funktion dieser Maßnahme, mit der private Rechte mittels einer Behörde – in der Regel auf Antrag – durchgesetzt werden. Anhand einiger Grafiken und Statistiken konnte Herr Dr. Gittinger veranschaulichen, dass die Möglichkeit, eine Grenzbeschlagnahme einzuleiten, zunehmend genutzt wird, woraus sich auch die wachsende wirtschaftliche Bedeutung des Instituts ableiten lasse.

Sodann wurden die Voraussetzungen für die Grenzbeschlagnahme dargelegt. Dabei machte Herr Dr. Gittinger deutlich, dass das Erfordernis der „hinreichenden Anhaltspunkte“ für eine Rechtsverletzung mehrere Auslegungsmöglichkeiten zulasse. Aus praktischen Gründen sprächen die besten Argumente jedoch dafür, die bloße Möglichkeit ausreichen zu lassen.

Nach einem kurzen Überblick über den Ablauf des Grenzbeschlagnahme-Verfahrens stellte Herr Dr. Gittinger dann das Hauptproblem seiner Dissertation dar und bettete dieses ein in einen Beispielsfall aus der Praxis. So bestehe der wesentliche Interessenkonflikt der Grenzbeschlagnahme im Sachentscheidungsverfahren

aus dem Interesse des Importeurs an einer frühzeitigen Freigabe der Ware zur wirtschaftlichen Verwertung einerseits und dem Interesse des Rechtsinhabers an einer langfristigen Beschlagnahme zur umfa ssenden Klärung der möglichen Rechtsverletzung andererseits. Der Gesetzgeber sei seiner Aufgabe, diese Interessen einem schonenden Ausgleich zuzuführen, nicht ausreichend gerecht geworden, da in der Praxis dem Importeur im Falle der Beschlagnahme wegen der langen Verfahrensdauer stets die „Veraltung“ und damit die wirtschaftliche Entwertung seiner Waren drohe.

Schließlich stellte Herr Dr. Gittinger verschiedene alternative Verfahrensvorschläge sowie deren Stärken und Schwächen dar. Aufgrund der einschneidenden Rechtsfolgen eines umfassenden Einfuhrverbots bis zur rechtskräftigen Entscheidung vertrat er die Auffassung, dass die Regelung in der Weise zu ergänzen sei, dass der Rechtsinhaber innerhalb von zwei Wochen eine vollziehbare gerichtliche Entscheidung vorzulegen habe, die die Verwahrung der Waren oder eine Verfügungsbeschränkung anordnet, anstatt ein Verfahren zur Feststellung der Rechtsverletzung einzuleiten. Nur auf diese Weise sei ein angemessener Interessenausgleich gewährleistet.

Gegen Ende der Veranstaltung blieb noch Zeit für einige Fragen und einen gemütlichen Ausklang bei einem Sektempfang. Wir danken Herrn Dr. Gittinger ganz herzlich für seinen spannenden Vortrag und wünschen ihm weiterhin alles Gute und viel Erfolg für seine juristische Laufbahn!