Frau Dr. Claudia Kodde studierte Rechtswissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und legte ihr Erstes Staatsexamen im Jahr 2011 ab. Im Anschluss hieran promovierte sie zu einem markenrechtlichen Thema am Lehrstuhl von Prof. Dr. Hoeren. Zurzeit befindet sie sich im juristischen Vorbereitungsdienst des Hanseatischen Oberlandesgerichts. Durch ihre Tätigkeit im IP-Bereich verschiedener international tätiger Kanzleien konnte sie weitere Einblicke in marken- und wettbewerbsrechtliche Fragen gewinnen.
Der Vortrag gliederte sich in drei Abschnitte, beginnend mit einer kurzen Erläuterung der Grundlagen im deutschen Zivilprozess, insbesondere dem Begriff des Streitgegenstands als zentrales Merkmal einer Klage, nach der herrschenden prozessual-zweigliedrigen Theorie bestehend aus Klageantrag und Klagegrund. Die Referentin wies daraufhin, dass der Klageantrag bei einer im Wettbewerbsrecht relevanten Unterlassungsklage schwer zu fassen sei. Einerseits bestehe die Gefahr der Unbegründetheit der Klage, wenn der Antrag über die konkrete Verletzungsform hinaus verallgemeinert wird, um möglichst viele Verletzungsvarianten zu erfassen. Andererseits werden durch eine zu enge Begrenzung des Antrags nicht alle prozessualen Möglichkeiten ausgeschöpft.
Im zweiten Abschnitt ihres Vortrags skizzierte die Referentin den Verlauf eines typischen Wettbewerbsfalls im vorläufigen Rechtsschutz, das Vorgehen gegen eine unlautere Werbeanzeige. Bereits in der Abmahnung und der damit verbundenen Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung können erste Schwierigkeiten entstehen. So werde der Unterlassungsgläubiger regelmäßig eine weit gefasste, auf sämtliche Veröffentlichungsmedien bezogene Unterlassungserklärung an den Schuldner übersenden, dieser werde dem Vorschlag jedoch eine eng gefasste, auf die genaue Werbeaussage (z.B. auf das konkrete Veröffentlichungsmedium) beschränkte Unterlassungserklärung entgegensetzen. Ein darüber hinaus in der Praxis häufig auftretendes Problem sei die Überschreitung der für die Einhaltung der Dringlichkeit vorgegebenen Frist im sich daran anschließenden einstweiligen Verfügungs-Verfahren. Werden diese Fristen nicht eingehalten, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung unbegründet und es kommt zum Hauptsacheverfahren, welches die Referentin ausführlicher im dritten Abschnitt des Vortrags behandelte.
Während nach bisheriger Rechtsprechung jede Irreführung einen neuen Streitgegenstand begründen sollte (mit der Folge der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer alternativen Klagehäufung), weitete der BGH im Urteil „Biomineralwasser“ seine Auffassung bezüglich der Abgrenzung wettbewerbsrechtlicher Streitgegenstände erheblich aus. Ein Streitgegenstand erfasse die gesamte konkrete Verletzungsform, unabhängig vom Vortrag des Klägers. Die bisher bestehenden Probleme im Rahmen der Abgrenzung des Lebenssachverhalts wurden so auf die Fassung des Klageantrags verlagert. Dies machte die Referentin anhand verschiedener Beispiele deutlich und setzte sich insbesondere mit der Verwendung von „und/oder“-Angaben in Klageanträgen auseinander.
Die Referentin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, das das Gericht bei seinem derzeitigen Verständnis alle Aspekte eines einheitlichen Streitgegenstands zu prüfen hat. Die Verbindung einzelner Aspekte dieses Streitgegenstands durch „und/oder“ sei aus ihrer Sicht in vielen Fällen nicht nur überflüssig, sondern auch bei falscher Anwendung und Missverständnissen durch das erkennende Gericht für den Erfolg der Klage gefährlich.
Anschließend konnten in einer Fragerunde und bei einem gemütlichen Umtrunk offen gebliebene Fragen geklärt und über das Thema diskutiert werden